Institut für Doom-Metal-Qualität

Institut für Doom-Metal-Qualität

Finnland ist bekannt dafür, bei geringer Einwohnerzahl eine enorme Menge an Metal-Bands zu besitzen. Qualitativ müssen sich diese Bands jedoch keinesfalls verstecken.

Die finnische Melodic-Death/Doom-Band Swallow the Sun ist hier keine Ausnahme. Bekannt für Ihr trauriges und melodiös klingendes Gitarrenspiel, kombiniert stimmigen Keyboard-Flächen und den variablen Vocals von Mikko Kotamäki. So schaffen sie diese einzigartige Atmosphäre, nicht nur für depressive Abende am Feuer oder einen kalten Wintermorgen – wenn Sie sich in einem Meer der Tränen ihrer Trauer ertränken wollen, ist dies hier Ihr Freund in der Not.

Auf der Temposeite verlangsamen sie oft fast auf Funeral-Doom-Geschwindigkeit ​​(oder besser -Langsamkeit), doch bleibt immer genug Melodie, um den Zuhörer zu halten, auch wenn der Gesang in wirklich tiefen Tönen wildert.

Die Musik zeigt Momente unantastbarer, kalter Schönheit, wie eine eine Eisblume auf dem Fenster, die von einem letzten, finalen Sonnenstrahl erleuchtet wird.

Einer dieser besonderen Momente ist gleich zu Beginn des Albums mit The Giant. Es beginnt mit solch einer zerbrechlichen Melodie und großartigen klaren Gesang, nur um kurze Zeit später dem zu aufmerksamen Hörer einen harten Leberhaken zu schlagen ... es wechselt zwischen Schönheit und Biest und zurück.

Mit Descending Winters findet man auf Ghost of Loss gar einen "Uptempo"-Song. Harter Gesang und raue Gitarren herrschen durch den ganzen Song hindurch, nur unterbrochen durch kleine Melodie-Linien und Keyboard-Interludes mit Tempowechsel auf ein härteres Level.

Psychopath's Lair wirft einige Magma-schwere Gitarren-Riffs um sich und hinterlässt nur verbrannte Erde. Das wird gekontert vom Klargesang und kurzen ruhigeren Passagen.

This is a portrait of a clear mind

The profile of my kind

I'll bring flames on your face

And when I'm done

You'll become one of mine

Forgive her ... setzt an, wo The Giant aufgehört hat. Traurig singende Lead-Gitarren treffen auf trotzigen, aber auch traurigen, Tiefgesang. Diese kommen extrem langsam aber immer ins Herz treffend. Absolut auf den Punkt.

In Fragile kann Mikko Kotamäki wieder seine stimmliche Variabilität zeigen. Dazu kommen mit Keybords gesprenkelte Passagen.

Das abschließende Dreigespann aus Ghost of Laura Palmer, Gloom, Beauty and Despair und The Ship setzt in Punkto Geschwindigkeit nochmals etwas tiefer an, die Seelen-zerstörede Kraft wird dadurch jedoch nur maximiert.

Es bleibt nur ein Kritikpunkt am Album: Das Artwork. Es ist nicht unbedingt als großartig zu bezeichnen. Stimmig, ja, aber auch recht langweilig. Spätere Veröffentlichungen zeigen hier eine starke Verbesserung.

Barren Earth begann seine Existenz Jahre 2007, in welchem Olli-Pekka Laine Musik erschuf, die nicht so recht in seine vielen anderen Projekte hineinpassen wollte (u.a. Amorphis und Mannhai).

Es musste allerdings erst das Jahr 2008 gezählt werden, um Barren Earth zu echter Band-Existenz zu bringen.

Dazu scharte Olli-Pekka eine illustre Schar von Musikern um sich: Marko Tarvonen (u.a. Moonsorrow und October Falls) am Schlagzeug, den Moonsorrow-Live Gitarristen Janne Perttilä, unterstützt an der anderen Gitarre von Sami Yli-Sirniö (u.a. Kreator und Waltari). Weiter kamen noch hinzu Keyborder Kasper Mårtenson (u.a. ex-Amorphis und ex-Mannhai) und Sänger Mikko Kotamäki (u.a. Swallow the Sun) ‒ beide sind inzwischen nicht mehr Teil von Barren Earth.

Doch den Verlust von Mikko Kotamäki, begründet in sich überschneidende Verpflichtungen, kann man im Nachhinein nur als absoluten Gewinn für die Band sehen. Mit Jón Aldará (Hamferð, Gast auf Clouds Doliu) als neuem Sänger, der bereits seit dem 2015er Werk On Lonely Towers Teil von Barren Earth ist, konnte ein absolutes Alleinstellungsmerkmal zu den schon vorhandenen Qualitäten hinzugefügt werden. Seine Stimme ist gleichsam erhaben, schwer von Emotion und Ausdruck. Allerdings ist er auch absolut in der Lage, tiefsten gutturalen Death-Rasp von sich zu geben. Diese Variabilität zeichnet ihn schon bei Hamferð enorm aus und erreicht hier zusammen mit der Musik ihren Zenit.

Als Einflüsse des Werkes sind alle Bands der jeweiligen Mitstreiter herauszuhören, dazu kommt noch eine Priese 70er-Jahre-Prog und auf dieser Veröffentlichung eine (manchmal auch nur im Hintergrund) mitschwingende Melancholie. Es finden sich Keybord-Flächen und Gitarren-Teile die auch Kapellen aus den 1970er gut zu Gesicht gestanden hätten.

Gleich am Beginn der Platte (The Living Fortress) unverzüglich nach dem gesprochenen 'A Complex of Cages' machen die Musiker klar, das sie schon lange im Geschäft unterwegs sind. Doch dieser komplexe Teil wird sofort wunderbar aufgebrochen von Jóns unglaublich weichem Gesang mit einem genial arrangierten zweistimmigen Gesang als Konterpunkt.

Das funktioniert auch in The Ruby, hier zischen Klargesang und Growls, als Gegensatz. Was sich hier im Text als schwer praktikabel anhört wird mit Leichtigkeit gemeistert.

Es folgen immer wieder Wechsel vom Klargesang in Death-Growls, schnellere und ruhigere Musik-Sektionen. Damit halten Barren Earth den Spannungsbogen immer gut gespannt und der Hörer hat keine Möglichkeit sich zu langweilen. Es ist eher so, dass man sich in einer Sektion gern verlieren möchte, nur um kurz darauf einen neuen Teil zu hören, der gleichsam gefällt.

Es gleicht einem Buch, in dem der Autor die Spannung immer weiter aufbaut, in dem er wichtige Ereignisse in ein späteres Kapitel verlegt, unterbrochen von einem anderen Handlungsstrang. Nur ist man am Ende des zweiten Strangs so weit, auch von diesem den Weitergang zu erfahren. Doch der gnadenlose 'Schreiberling' setzt einem die Fortsetzung des ersten Stranges vor...

Ein weiteres Stilmittel, das leider viel zu selten eingesetzt wird, findet auf A Complex of Cages immer wieder Einsatz: Stereo-Effekte. Gitarren, die einmal nur von rechts kommen, um von einer zweiten Gitarre von Links ergänzt zu werden während die rechte schweigt. Dann Keyboards aus der 'Mitte' und beide Gitarren setzen gleichzeitig ein, um eine Sound-Wand zu erzeugen.

Das Glanzstück des Albums aber stellt Withdrawal am Ende dar.

Hier zeigt sich das ganze Können der Band. Mit delikaten Drum-Teilen, stimmlich delikaten Gesang und feinen Keybord-Stücken, nur um in einem fulminanten Refrain zu kumulieren.

Down bound from honest misery

Who could settle for tears alone

No fire, no frost, no flesh to distract

From a light so mindless

Das Artwork von Adam Burke passt wunderbar ins lyrische Thema und ist ein weiter Höhepunkt seines Schaffens (neben Covern für Spellcaster, Kaleidobolt oder Hooded Menace).

Der Veröffentlichung wird vom IfDMQ die hohe Qualität bescheinigt.