Jeder Hörer hat seine Lieblingskapellen. Oft passen diese ganz gut in irgendwelche Schubladen, oder sagen wir mal, größtenteils in eine davon.
Dann gibt es Kapellen die ihren Stil über die Jahre ändern. Paradise Lost oder Anathema mögen mir da gleich einfallen. Opeth oder Katatonia sind auch ganz gute Beispiele.
Es gibt aber noch viel mehr, die ihren Stil über viele Veröffentlichungen treu bleiben, diesen verfeinern oder hier und da etwas aufweichen, oder gar hinzufügen.
Fehlt dann aber noch die letzte Kategorie - die der die man nicht so recht einordnen kann und will. Lake of Tears gehören hier dazu. Über nun (Stand heute) 9 Langrillen war es eigentlich nie langweilig. Greater Art mag noch am einfachsten in Richtung Goth-Doom fallen, immer schön rau aber melancholisch, jedoch schon hier die ersten sehr tanzbaren Rhythmen. Einzig verbliebenes Mitglied Daniel Brennare raspelt sich hier noch durch die Textzeilen. Das mag nicht jedermanns Geschmack sein - passt hier anderseits wie das oft besagte Hinterteil auf den Eimer. Freunde der Amok-Zeiten von Sentenced könnten Gefallen daran finden.
Greater Art war auch das erste Stück Musik, was in der ersten eigenen Institutsunterkunft erklang. Daher existiert eine tiefe Verbindung mit dieser Kapelle.
Allerdings sollte Greater Art nur der Beginn einer langen und extrem wechselhaften Reise werden.
Auf Headstones änderte sich erst mal an den Gitarren nicht viel. Die Produktion klingt viel klarer, ganz ohne den Mumpf vom Vorgänger. Krasseste Änderung war jedoch im Gesang von Daniel Brennare zu finden. Klarer, mit deutlichem, leicht rauen Einschlag. Sicher kein Gesangesskünstler, doch maximal eigenständig und mit hohem Wiedererkennungswert.
Weiter in den Vordergrund treten auch die tanzbaren Momente. Diese Titel hätten jeder Dunkel-Kneipe zur Nacht auch auf dem Parkett gestanden. Speziell Dreamdemons oder Burn Fire Burn. Lake of Tears würden hier nicht als divers im Stil gehalten, wären da nicht noch andere Töne zu hören. Sweetwater mit seinen sehr melancholischen, schleppenden Melodielinien. Das doomt schon sehr. Der massive Chorus:
Take me where the sweet water flows
Take me where the winds of spring blow
Was ist mit Headstones? Hier sind schöne akustische Gitarrenfiguren zu hören. Fast schon folkig klingend darüber der raue Gesang. Langeweile ist einfach nicht daheim hier.
A Crimson Cosmos folgt 2 Jahre später und klingt insgesamt etwas rockiger, spaciger. Ein auch Live oft gespielter Titel ist mit Boogie Bubble gleich der erste auf der Scheibe. Das Tempo bleibt weiter oben bis es von When My Sun Comes Down rausgenommen wird.
Devil's Diner ist dann wieder mal ein prima Tanzflächenfeger. Der eher langsame Rocker The Four Strings Of Mourning nimmt danach die Geschwindigkeit raus, die im letzten drittel eingesetzten Keys wirken erst etwas fremd, passen aber prima in den Song.
Nach 20 Sekunden Windspiel eröffnet ein cooler Hook To Die Is To Wake und als Instrumental-Titel ist es doch besonders. Langsam aber stetig nimmt es mehr Fahrt auf.
Den melancholischen Schlusspunkt des Albums setzt A Crimson Cosmos nach einem kurzen, folkigem Lady Rosenred (hauptsächlich von Jennie Tebler gesungen) und dem D&D-inspirierten Rocker Raistlin And The Rose.
Mit Forever Autumn steht 1999, zwei Jahre später, ein wesentlich melancholischeres Werk in den Läden. So Fell Autumn Rain setzt die Stimmung perfekt für die restliche Langrille. Die Gitarren sind immer noch mächtig, aber die Stimmung ist gedrückter.
Das titel-gebende Stück ist dann ein mit Akustik Gitarre und einem wunderbar brummelnden Bass versehenes Stück Schwermut.
Pagan Wish ist der einzige Tanzflächen-Füller. Neben Daniels markanten Gesang ist hier der Bass hier schön auf den Punkt. Nach dem Doom-Rocker Demon You, Lili Anne ist mit dem bedrückten To Blossom Blue Ende.
Es dauert dann wieder gut 3 Jahre bis uns mit The Neonai neues Material erreicht. Daniel veröffentlicht dieses aber nur, um seinen 5 Album-Vertrag mit Black Mark zu erfüllen.
Return of Ravens, The Shadowshires eröffnen rockig, tanzbar. Tempo geht erst etwas mit Solitude raus - aber nichts an Kraft. Hier wechseln sich ruhigere Passagen mit den schon von den ersten beiden Stücken bekannten, wuchtigeren Teilen ab. Jennie Tebler darf dann zusammen mit Daniel Leave a Room veredeln. Schöner Goth-Rock. Beide finden danach für Sorcerers gleich wieder zusammen.
Mit Can Die No More wird es sogar tanzbar für ein Stück. Hier merkt man leider schon, dass das Album nicht so ganz in Form passt. Die Stücke klingen allein Gut, ergeben aber kein vollständig zusammenhängendes Album.
2004 markiert mit Black Brick Road bereits das sechste Werk der Herren und Damen um Daniel Brennare. Es zeigt deutlich mehr Zusammenhang als vorher noch The Neonai und geht deutlich rauer zu Werke. Der treibende Groove von The Greyman bildet hier nur die Vorhut. Black Brick Road zeigt mit starkem Organ Einsatz, dass wir noch nicht alle Facetten von LoT erfahren haben. Dazu noch ein paar sehr geschmackvolle Lead-Gitarren. Eines der besten Stücke auf Black Brick Road.
Für Dystopia wird es dann super tanzbar und elektronischer im Grundton. Auch diese Spielart meistern LoT mit links.
Sick of it all
Yes I am
I am burning always
The Organ schraubt zum ersten mal an der Geschwindigkeits-Schraube und nimmt gut etwas raus. Hier hört man eher wieder Forever Autumn oder A Crimson Cosmos heraus. Einzig die Solo-Gitarren sind neu und passen sich gut in den Song ein.
A Trip With The Moon und Sister Sinister (nicht von LoT geschrieben, sondern von Stina Rebelius) haben dann wieder mehr Richtung Bewegung auf der Tanzfläche im Sinn.
A little line of evening rhyme, a boogie bubble refrain again
heißt es im Anschluss im schwermütigem Rainy Day Away... Das kommt uns doch bekannt vor?
Den Abschluss bildet der 1A-Rocker Crazyman. Vom Gesang wird Daniel hier deutlich aggressiver gearbeitet. Auch das steht LoT sehr gut.
Weitere 3 Jahre später, in 2007, beglückte uns das Trio mit Moons And Mushrooms. Auch auf diesem Langspieler geht es insgesamt weiter härter zur Sache. Riffs und Arrangements sind drückender (immer im Kosmos von LoT gesehen, natürlich). Den Anfang macht hier Last Purple Sky mit seinem extra dicken Riff im Refrain.
Erst Waiting Counting schaltet etwas den Gang runter - aber lassen wir uns vom elektronischen Unterton nicht täuschen. Der Titel springt vom geschmeidigen, nachdenklichen sehr schnell zum bösen Knurren über und wieder zurück. Am Ende bereitet der Song alles für den ersten schwermütigen Titel Like a Leaf vor. Hier zeigt Daniel wieder einmal, was er an Emotion mit seiner besondern Stimme tragen kann. Er ist und bleibt eines der Alleinstellungsmerkmale der Kapelle.
Children of the Grey rumpelt danach um so ordentlicher durch die Lautsprecher und hier ist dann wieder die rauere Gangart im Gesang wie auch bei den Riffs angesagt. Head on Phantom pendelt danach wieder zwischen ruhigeren und den raueren Momenten hin und her.
Island Earth ist ein schöner gradliniger Rocker und mit Planet Of The Penguins kommt das Album dann auch zum Ende, nachdenklicher und mit sehr schönen Solo-Passagen.
Spannender Extra-Titel ist hier die Status Quo Cover-Version von Is there a Better Way, Der Song erhält von LoT einen leicht punkigen Anstrich.
Mit Illwill steht dann 2011 der letzte Dreher als "Band" bevor 2021 das bisher letzte Lebenszeichen, aber im Alleingang mit Gastmusiker von Daniel Brennare eingespielt. Doch zuerst noch Illwill
Man kann Illwill eine gewisse punkige Attitüde nachsprechen oder sagen wir auch insgesamt etwas metallischer. Das zeigt der Schlagzeugtakt gleich zu beginn von Floating in Darkness. Das schließt die Längen der Titel mit ein. Vorher ging es öfter mal auch über 6 Minuten, hier ist meist nach 3 oder 4 Minuten Ende.
Illwill klingt krasser und viel düsterer als alles was im LoT Kosmos zu finden ist, die Boogie Bubble scheint geplatzt und durch ein schwarzes, zähflüssiges Etwas ersetzt worden zu sein. Das ist eine bösere, angepisste Version von LoT
Can't wake, i hang for my mistakes
Cold fact, my life will always be black
Dead race, a bitter place, cold,
Black, fucked!
Gefolg wird das Ganze von The Hating mit Riffs die jeder Metal Band gut stehen würden und packt geschwindigkeitsmäßig noch eine Schippe drauf. U.N.S.A.N.E. dreht etwas runter bevor mit House Of The Setting Sun ein Track auf dem Album erscheint, der wieder wesentlich melancholischer zu Werke geht. Nach den vorhergegangen sticht er im Album-Kontext um so deutlicher heraus und kann seine Wirkung noch besser entfalten.
Behind The Green Door ist dann auch ein eher typischer dunkler Rocker aus den LoT Gefilden, doch mit einer rauchigeren düstereren Note.
Danach rumpelt es wieder deutlich durch den Äther. Parasites schmeckt nach billigem Bier und einer Untergrundkneipe. Out of Control rockt danach schön entspannt durch die Nacht, Taste of Hell folgt auf dem Fuße im selben Fahrwasser.
Den Schlusspunkt bildet Midnight Madness - hier wird der Geschwindigkeitsknopf noch mal weiter aufgedreht und die Aggressionen fließen wieder deutlicher aus den Boxen.
Damit kommen wir zum bisher letzten Album im Lake of Tears Kosmos. Ominous. Zehn Jahre sind ins Land gegangen und zum Zeitpunkt der Veröffentlichung befindet sich die Welt immer noch in der festen und hässlichen Umarmung des Corona-Virus.
Ominous ist aber ein ganz anderes 'Biest'. Daniel hat in der Zeit, in der er an diesem Album arbeitete, selbst einiges erdulden müssen (u.a. Leukemie-Diagnose und die in den Texten wiederkehrende Nummer war Daniels Nummer im Krankenhaus: 5573) Das hört man der Langrille aus jeder Pore heraus. Auch wenn At The Destination mit einem ziemlich schwoofigem Rhythmus loslegt, hört man die Verzweiflung und Dunkelheit aus dem Subtext deutlich heraus. Die hier zum Ende verwendete Geige hat einen Hauch My Dying Bride an sich.
In Wait And In Worries kann man das Seelenleid förmlich greifen, aber ein ganz kleiner Hoffnungsschimmer am Ende bleibt.
Where are you now when I need you the most?
...
But it must be near... must be near to morning
Mit Lost In A Moment setzten LoT dann wieder auf massigere Gitarren und einen schönes Doom-Tempo. Während der Song aus den Boxen strömt und der Countdown herunter gezählt wird, hört man mehr als nur eine Leiste aber sehr sehr dunkle Anspielung an Major Tom und die Bowiesche Space Oddity.
Als nächstes steht Ominous One an und rumpelt dann als schön düsterer Goth-Rocker aus den Membranen. Ominous Too nimmt das Tempo wieder raus und zieht den Hörern in den Abgrund. Gleiches gilt für One Without Dreams (mit schickem Bass und schönes Lead-Licks), hoffentlich habt ihr euer B12 genommen. An Position 7 folgt der Instrumental Titel The End Of This World. Fette Drums, Tremolo-Gitarren-Riffs und düstere Grundstimmung. Auch ohne Gesang ein kleines Juwel. Das würde auch bei z.B. Hemelbestormer gut in die Set-Liste passen.
Ominous endet mit Cosmic Sailor auf einer doch sehr melancholischen Note. Fast tönt es nach dem Ende, doch die Hoffnung klingt als leise Melodie darunter.
Damit endet das Schaffenswerk (bisher) und lässt eigentlich wenig Wünsche offen. Immer typisch LoT, doch auch immer wieder etwas neues, das dem Katalog der Band eine neue Facette hinzufügt. Es mag nicht alles für jeden Doom-Aficionado sein, gewiss. Doch das eine oder andere Werk wird sicher neue Freunde finden. Hört in den diversen Katalog hinein, ihr werdet es sicher nicht bereuen.